Martin Dulig tritt nicht erneut zur Wahl als Landesvorsitzender an

Der Landesvorsitzende Martin Dulig hat in einer außerordentlichen Sitzung des Landesvorstandes am 11. Juni 2021 angekündigt, auf eine erneute Kandidatur für den Vorsitz der SPD Sachsen zu verzichten. Er möchte damit einen neuen Impuls für die SPD Sachsen ermöglichen. Die Mitglieder des Landesvorstandes haben daraufhin beschlossen, die Wahl zum neuen Vorstand von der Tagesordnung des Landesparteitages am 3. Juli zu streichen. Geplant ist deshalb ein zusätzlicher Landesparteitag im Herbst 2021, auf dem die Neuwahl des Landesvorsitzenden und des Landesvorstandes stattfinden wird.

Die persönliche Erklärung von Martin Dulig zu seiner Entscheidung:

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Genossinnen und Genossen,

 

eine starke Sozialdemokratie wird gebraucht. Im Bund. Im Land. In den Kommunen. Die Lage für die SPD in Sachsen ist keine einfache. Wir haben aber immer gekämpft und uns den jeweiligen Herausforderungen gestellt. Thomas Jurk war der erste Landesvorsitzende, der die SPD in eine Koalition führte. Er öffnete den Weg für die aktive Gestaltung von Landespolitik durch die SPD. Er musste viel einstecken, zu arrogant war noch die machtverwöhnte CDU. Seine und die gute Arbeit der SPD wurde nicht belohnt. Bei der anschließenden Wahl legte die SPD lediglich 0,6 Prozent zu. Thomas Jurk trat zurück.

Danach übernahm ich Verantwortung. Unter dem Motto „Wegen Umbau geöffnet“ gestalteten wir die SPD zur Beteiligungspartei um.

Mein Ziel war es immer, den Gestaltungsanspruch als SPD nie aufzugeben und mit klaren politischen Zielen und Projekten die sächsische SPD regierungsfähig zu machen.

Der erste Schritt war, die Zusammenarbeit zwischen Partei und Fraktion zu verbessern. Vor 15 Jahren gab es kaum Kommunikation zwischen beiden, heute ist intensiver Austausch völlig selbstverständlich – wie es auch sein muss.

2014 habe ich erstmalig die SPD in eine Landtagswahl als Spitzenkandidat geführt und mit einem hohen persönlichen Einsatz, einem innovativen Wahlkampf und einer hoch motivierten Partei mit 12,4 Prozent einen deutlichen Schritt nach vorn gemacht. Die SPD war wieder in Regierungsverantwortung und wir haben eine gute Politik gemacht. Die Arbeit von Eva-Maria Stange, Petra Köpping und mir wurde anerkannt und wir konnten viele sozialdemokratische Ideen umsetzen.

Die Wahlen 2019 fanden unter ganz anderen Umständen statt. Der gesellschaftliche Umbruch seit 2015 hat aber nicht nur das Land, sondern auch das Parteiensystem stark verändert. Die rechtspopulistische AfD wurde gerade in Sachsen zu einer politischen Größe. Bei der letzten Bundestagswahl wurde sie gar knapp stärkste politische Partei in Sachsen.

Bei den anstehenden Landtagswahlen im Osten fand daraufhin eine Polarisierung statt. Viele Wählerstimmen der SPD sind aus Sorge um einen möglichen AfD-Sieg in Sachsen zur CDU gegangen. Die SPD hatte dazu bundesweit mit ihrer eigenen Performance nicht für mehr Vertrauen gesorgt und eigene Fehler in Sachsen sorgten in Summe dafür, dass wir bei der Landtagswahl 2019 bei dem schlechtesten Wahlergebnis der SPD herausgekommen sind. Mit 7,7 Prozent sind wir jetzt die kleinste Fraktion im Sächsischen Landtag. Bitter.

Trotzdem können wir wieder sozialdemokratische Politik in Regierungsverantwortung gestalten. Und trotzdem können wir auf viele Dinge schauen, die wir erreicht haben: ob das Ende der CDU-Kürzungspolitik, tausende neue Lehrerinnen und Lehrer, Polizistinnen und Polizisten, Erzieherinnen und Erzieher, ob die Gemeinschaftsschule oder die Förderung der Kultur, ob der Einsatz für gute Arbeit und Tariflöhne oder die Unterstützung der Kreativwirtschaft, ob das Bildungsticket oder die Stärkung des ÖPNV. Das alles sind Dinge, die wir umsetzen konnten, weil wir Verantwortung übernommen haben. Darauf bin ich stolz.

Ich bin jetzt seit 12 Jahren Landesvorsitzender. Ich habe diese Aufgabe immer mit großer Leidenschaft angenommen. Ich mag die Menschen in unserem Land. Ich will die vielen Gespräche am Küchentisch ebenso wenig missen wie die fantastischen Erfahrungen, die ich bei meinen Arbeitseinsätzen gemacht haben. Das werde ich für und mit unserer SPD Sachsen auch weitermachen.

Wir stehen vor einer wichtigen Bundestagswahl. Die Lage der SPD ist nicht einfach. Die Aufholjagd hat begonnen. Wir haben mit Olaf Scholz den kompetentesten Kanzlerkandidaten, wir haben ein sehr gutes Wahlprogramm und wir haben überzeugende Kandidatinnen und Kandidaten. Wir werden unsere ganze Kraft einsetzen, damit wir am 26.September erfolgreich sein können. Der Landesparteitag am 3.und 4.Juli soll dabei helfen, unsere inhaltlichen Angebote sichtbar zu machen. Deshalb schlage ich euch vor, diesen Parteitag zu einem inhaltlichen Parteitag zu machen und auf diesem unsere inhaltlichen Anträge zu diskutieren und zu beschließen sowie die Delegierten für den Bundesparteitag zu wählen.

Die Wahlen zum neuen Vorstand aber sollen verschoben werden auf einen späteren Parteitag im Herbst nach der Bundestagswahl.

Ich habe mich entschieden, auf dem nächsten Parteitag nicht noch einmal für das Amt des Landesvorsitzenden zu kandidieren.

Die SPD Sachsen braucht an ihrer Spitze einen neuen Impuls.

Ich werde mich auf meine Arbeit als sozialdemokratischer Staatsminister konzentrieren und meine ganze Kraft einsetzen, gemeinsam mit der neuen Parteispitze, der Fraktion und gemeinsam mit Petra Köpping die Voraussetzungen für die SPD bei der nächsten Landtagswahl deutlich zu verbessern. Dafür braucht es eine gemeinsame Verantwortung: viele Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten an vielen Stellen, die gemeinsam und Hand in Hand arbeiten!

Die Bundestagswahl wird zu neuen politischen Mehrheitsverhältnissen und zu einer neuen Koalition führen. Damit eröffnet sich auch in Sachsen für die SPD eine neue Rolle. Die Diskussionen der letzten Wochen haben einmal mehr gezeigt, wie wichtig es ist, dass die vor uns liegenden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen in Ostdeutschland gerecht und mit den Menschen gemeinsam gestaltet werden. Das ist der Auftrag der SPD.

Ich will deshalb auch weiterhin als Ostbeauftragter der SPD den wichtigen Weg fortsetzen, den Respekt für die Lebensleistung der Ostdeutschen einzufordern, strukturelle Ungerechtigkeiten abzubauen und mitzuwirken, dass es einen Vorsprung Ost in wichtigen Wirtschaftsfeldern geben kann und wir so gute Arbeitsplätze sichern.

Was mir besonders wichtig ist: Wir müssen als SPD Heimat für die eigenen Mitglieder sein, die Vielfalt als Gewinn schätzen und uns gegenseitig achten. Uns einen unsere Grundwerte von Freiheit, Solidarität und Gerechtigkeit und unsere klare Haltung für Menschlichkeit und gegen Rassismus und Antisemitismus. Lasst uns weiter dafür eintreten. Gemeinsam. Glück auf.