Kliese: „Wir stärken den Landesbeauftragten und die Menschen, für die er arbeitet“
Hanka Kliese, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag, zum Gesetzentwurf über die Rechtsstellung des Sächsischen Landesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes am Donnerstag im Landtag:
+++ Gemeinsamer Gesetzentwurf von Grüne, CDU und SPD in den Landtag eingebracht +++ Demokratische Bewusstseinsbildung durch Aufarbeitung der jüngsten Diktatur +++
Es gilt das gesprochene Wort.
„Auch ich möchte mich dem Dank für die gute Zusammenarbeit anschließen. es war mir wirklich eine Freude, mit den Kollegen Schiemann und Modschiedler sowie Herrn Tschenderlein und Frau Marschall sowie Katja Meier sowie beratend Karl Heinz Gerstenberg zu arbeiten.
Da in der ersten Lesung keine Gegenrede vorgesehen ist, will ich aber auch einen Kritikpunkt nicht verhehlen: Die Fraktion DIE LINKE hat uns in einer Pressemitteilung schlechten Stil vorgeworfen und bekundet, sie hätte sich gern beteiligt.
Zum schlechten Stil möchte ich sagen, dass es durchaus Zeichen eines sich deutlich verbessernden Stils ist, dass hier ein Gesetzentwurf gemeinsam mit einer Oppositionsfraktion eingebracht wird. Dass Sie sich inhaltlich einbringen wollen finde ich positiv, ich bin ebenso wie Roland Jahn und andere der Meinung, dass die LINKE in solchen Debatten nicht ausgegrenzt werden soll. Ich habe mich deshalb auf die Suche nach Ihren Positionen zu unserem Gesetzentwurf gemacht und konnte dabei auf die zweite Lesung und eine Anhörung aus der letzten Legislatur zurückgreifen. Hier fand ich unterschiedliche Haltungen: Professor Besier sprach sich zuletzt dafür aus, dass der Beauftragte keineswegs Aufgaben der politischen Bildung erfüllen solle, dies sei der Landeszentrale für politische Bildung zu überlassen. Julia Bonk erwog, den LSTU gleich ganz an die Landeszentrale für politische Bildung anzugliedern. In der zweiten Lesung äußerte Professor Besier, man solle doch die historisch-sozialwissenschaftliche Debatte lieber Fachleuten überlassen. Abschluss des Beitrages der Linken bildete folgende Äußerung „Wir haben Geld genug hinein gesteckt. Wir werden es auch nicht ändern können, dass gerade junge Menschen das Interesse an diesem Thema verlieren.“
Und sehen Sie, genau darin liegt der Unterschied: Ich bin sogar überzeugt davon, dass junge Menschen Interesse an solchen Themen haben. Unwissenheit und Desinteresse sind zwei sehr unterschiedliche Dinge. Gegen Unwissenheit können wir arbeiten. Und genau darauf zielt der Gesetzentwurf. Durch die Erweiterung auf den Themenschwerpunkt politische Bildung setzen wir einen wichtigen und zeitgemäßen Akzent, der übrigens teilweise bereits gängige Praxis im realen Arbeitsleben des LSTU ist. Wer schon einmal erleben durfte, wie die wildeste Oberschulklasse andächtig schweigt, wenn eine Zeitzeugin berichtet, wie sie wegen eines Graffitis mit der Botschaft „Wir wollen die Wiedervereinigung“ noch als Jugendliche für drei Jahre Gefängnis verurteilt wurde, der weiß, das politische Bildung wirkt.
Leider fehlt mir die Zeit, alle Punkte die uns wichtig waren aufzuzählen, einen ganz besonderen möchte ich noch herausgreifen: Den Einbezug der Opfer aus der sowjetischen Besatzungszeit. Dieses Kapitel ist so düster, dass es dringend ans Licht gerückt werden muss. Die Opfer dieser Zeit waren oftmals jahrzehntelang zum Schweigen verdammt und durften über ihre Haftzeit, die sie nicht selten nach Workuta und in andere Lager führte, nicht mal ihren Ehepartnern oder Kindern berichten. Dass sie nun besondere Erwähnung finden, kommt für manche zu spät, aber eben nicht für alle und auch nicht für die, die daraus lernen sollen.
Aufgefallen sein dürfte Ihnen bei der Lektüre des Gesetzentwurfes auch die neue Verankerung beim Landtagspräsidenten. Diese Entscheidung haben wir uns nicht leicht gemacht. Wir wollen damit verdeutlichen, dass der LSTU für uns eine gesamtgesellschaftliche Bedeutung hat, ebenso wie ein etwa Datenschutzbeauftragter. Wir wollen deutlich machen, dass es sich hier nicht um ein Nischenthema handelt, sondern eines, was unsere Gesellschaft in vielerlei Hinsicht geprägt hat. Es liegt in unserer Hand, aus dieser Prägung etwas Positives zu machen. Nämlich die Schärfung des Bewusstseins für Demokratie und für Prozesse, die sie gefährden. Das ist eine sehr große Aufgabe. Wir haben das Zutrauen, dass gerade dieses Thema, die Aufarbeitung der jüngsten Diktatur, sich besonders gut dafür eignet, diese demokratische Bewusstseinsbildung voran zu treiben. Deshalb wollen wir den Landesbeauftragten und die Menschen, für die er arbeitet, stärken und hoffen, dass uns das mit dem Gesetzentwurf gelungen ist.“
Der Gesetzentwurf zum Download: http://www.spd-fraktion-sachsen.de/wp-content/uploads/6_Drs_4515_0_1_1_.pdf