„Die ehrliche Anerkennung der Lebensleistung fehlt vielen Ostdeutschen.“

Petra Köpping, SPD, Sächsische Staatsministerin für gesellschaftlichen Zusammenhalt

Martin Dulig, Vorsitzender der SPD Sachsen

zu den Äußerungen von Ministerpräsident Kretschmer über das Wahlverhalten der Ostdeutschen und die Ursachen dafür

 

Martin Dulig: „Die Äußerungen des Ministerpräsidenten im Interview finde wohl nicht nur ich befremdlich. Weil wir als SPD die Aufmerksamkeit auf Ostdeutschland lenken, zerstören wir das Selbstbewusstsein der Menschen hier? Das halte ich für Unsinn.“

„Das ehrliche Anerkennen der Lebensleistung der Ostdeutschen ist ein zentraler Punkt, der die Menschen stärkt. Umfragen beweisen, dass genau dieses Anerkennen vielen hier fehlt. Nach wie vor ist nur ein kleiner Prozentsatz der Leitungsfunktionen und Eliten von Menschen aus dem Osten besetzt. Es gibt ein Repräsentationsproblem, es gibt eine Schere zwischen Ost und West. Das zu benennen, ändert erst einmal nichts an der Situation. Aber wir müssen doch daran arbeiten, die Lücke zu schließen. Das kann ich bei der CDU nicht erkennen“, so Dulig.

 

Petra Köpping fügt hinzu: „Wir erleben seit längerem ein Auseinanderdriften der Gesellschaft, die sich auch in einem Wahlverhalten widerspiegelt, das manche nicht davor zurückschrecken lässt, eine rechtsextreme Partei zu wählen. Um das Erstarken einer rechtsextremistischen Partei der SPD in die Schuhe zu schieben, ist schon einiges an Realitätsverweigerung nötig.“

„Manche Menschen fühlen sich seit der deutschen Wiedervereinigung nicht ernst genommen und abgehängt. Das ist Tatsache und muss aufgearbeitet werden. Andere hat die Corona-Pandemie aus dem Tritt gebracht. Ich habe es als SPD-Abgeordnete und Politikerin immer als meine Aufgabe angesehen, mit allen zu reden, alle Erfahrungen ernst zu nehmen und mich zu kümmern. In meinen vielen Begegnungen spüre ich, wie frustriert Menschen sind, weil ihre Erfahrungen nicht gehört und ihre Probleme nicht angegangen werden. Wir müssen sie viel stärker einbeziehen, sie hören, ihre Erfahrungen nutzen. Damit stärken wir das Selbstbewusstsein der Menschen, statt es zu beschädigen. Um ihnen helfen zu können, muss man die Probleme doch erst einmal benennen, statt sie zu ignorieren. Den Worten müssen auch Taten folgen. Es geht um Respekt und die Anerkennung von Lebensleistungen. Der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt hat es verstanden“, so Petra Köpping

 

Martin Dulig setzt fort: „Wir wollen einen Vorsprung Ost in bestimmten Themenfeldern erarbeiten. Denn es ist längst klar, dass die CDU mit ihrem Nachbau West gescheitert ist und auf diesem Wege keine gleichwertigen Lebensverhältnisse in allen Teilen Deutschlands zu erreichen sind. Warum wählen denn viele Arbeiterinnen und Arbeiter die AfD? Das Ohnmachtsgefühl, nichts dagegen tun zu können, dass man für die eigene harte Arbeitsleistung keine angemessene Vergütung und später entsprechend Rente erhält, hat zur Wut auf die Politik beigetragen.“