Homann: Bundesweiter Azubi-Mindestlohn muss schnell kommen

+++ Orientierung an Tarifvergütung angemessen +++

Henning Homann, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag und Sprecher für Arbeitsmarktpolitik, am Donnerstag zur Auszubildendenvergütung:

„Die neuen von der Hans-Böckler-Stiftung vorgelegten Zahlen zur Ausbildungsvergütung sind alarmierend.  Sowohl die großen Unterschiede zwischen Ost und West als auch die Differenzen zwischen den Berufen sind ungerecht.  Wir brauchen endlich einen bundesweit einheitlichen Azubi-Mindestlohn. Ich erwarte, dass die von der Großen Koalition vereinbarten Pläne für eine Mindestausbildungsvergütung deshalb zügig umgesetzt werden“, so Henning Homann.

„Eine solche Mindestvergütung  würde auch die Attraktivität der Ausbildung steigern. Das käme vor allem Branchen zugute, die derzeit mit sehr hohen Abbrecherquoten zu kämpfen haben oder in denen Fachkräftemangel herrscht.“

„Die Höhe der Mindestvergütung sollte bei 80 Prozent der durchschnittlichen tariflichen Vergütung des jeweiligen Ausbildungsjahres liegen, so wie es der DGB bereits vorgeschlagen hat. Das entspräche etwa 630 Euro“, so Henning Homann. „Damit würden beispielsweise Auszubildende im Friseurhandwerk oder Fleischereihandwerk profitieren.“

Pressemitteilung des WSI (Institut der Hans-Böckler-Stiftung)

 

Martin Dulig zur Kommission für gleichwertige Lebensverhältnisse

Anlässlich der Einsetzung der Kommission für gleichwertige Lebensverhältnisse erklärt der SPD-Ostbeauftragte Martin Dulig:

„Es ist überfällig, dass wir über gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Deutschland reden. Oft hat man den Eindruck, dass im westdeutsch dominierten Diskurs über Soli oder ´toll sanierte ostdeutsche Städte´ untergeht, dass Ostdeutschland immer noch von tiefen Wunden und Gräben der Nachwendezeit und der Treuhand-Politik übersät ist. Die Spaltung in Arm und Reich ist vor allem auch eine zwischen Ost und West“, so Martin Dulig.

„Es darf nicht sein, dass strukturschwache Gebiete in der Öffentlichkeit gegeneinander ausgespielt werden: Ruhrgebiet gegen Lausitz oder Uckermark gegen Bremerhaven. Ja, wir werden für die ostdeutschen Interessen kämpfen! Aber wir brauchen vor allem auch ein Bündnis mit anderen Regionen, welche den Strukturwandel bereits hinter oder noch vor sich haben.“

Homann: Neue Perspektive für Langzeitarbeitslose

+++ Arbeitslosigkeit darf kein Schicksal sein +++ Zuschüsse auf Basis der Tarifhöhe berechnen +++

Henning Homann, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag und Sprecher für Arbeitsmarktpolitik, am Mittwoch zum Beschluss des Bundeskabinetts für ein Programm gegen Langzeitarbeitslosigkeit:

„Staatlich geförderte Jobs werden Langzeitarbeitslosen und deren Familien neue Perspektiven eröffnen. Arbeitslosigkeit darf kein Schicksal sein“, so Henning Homann. „Gut, dass der Gesetzentwurf von SPD-Bundesarbeitsminister Hubertus Heil auch darauf zielt, die Betroffenen über die Vermittlung in eine Arbeit hinaus zu betreuen. Sachsen hat hier vor allem mit seinem eigenen Programm ´Tandem´, aber auch mit dem Programm ´Sozialer Arbeitsmarkt´ bei der gezielten Betreuung Langzeitarbeitsloser und deren Kindern bereits vorgelegt und gute Erfahrungen.“

„Es ist eine Frage der Gerechtigkeit und der wirtschaftlichen Vernunft, dass sich der Staat um jene kümmert, die Hilfe benötigen“, so Homann. „Denn wir brauchen jede und jeden. Leider haben es Langzeitarbeitslose bei der Suche nach einem Arbeitsplatz besonders schwer. Deshalb hoffe ich, dass möglichst viele der jetzt in Rede stehenden 150.000 Jobs in Sachsen entstehen.“

„Der heute vorgestellte Gesetzentwurf ist eine gute Grundlage für die Beratungen im Bundestag. Ich unterstütze die Forderungen der Gewerkschaften, Städte und Gemeinden, die geplanten Lohnkostenzuschüsse auf Basis der Tariflöhne anstatt der Mindestlöhne zu berechnen. So kann und muss Lohndumping vermieden werden. Das ist auch eine Frage des Respekts vor der Arbeitsleistung“, so Homann abschließend.

Kolbe: Kretschmers Äußerungen sind eines Ministerpräsidenten unwürdig

Daniela Kolbe, Generalsekretärin der SPD Sachsen, kommentiert die Äußerungen des sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer, in der Debatte über die Abschiebung von Sami A.:

„Es ist nicht zu glauben, welches Rechtsstaatsverständnis Herr Kretschmer als Ministerpräsident mit seinen Äußerungen in der Debatte um die Abschiebung von Sami A. an den Tag legt. Im Rechtsstaat gelten Gesetze und Gerichtsentscheidungen. Das ist eine der wichtigen Grundlagen unserer gewaltenteiligen Demokratie. Wer daran zweifelt, der stellt die Verfasstheit unseres Staates in Frage. Wenn sich Behörden und Amtsträger aussuchen, welchem Richterspruch sie folgen und welchem nicht, dann ist das das Ende des Rechtsstaates. Dabei ist vollkommen unerheblich was man in der Sache von dem einzelnen Urteil halten mag.

Nach seinen Äußerungen via Twitter bezweifle ich jedenfalls, ob Kretschmer verstanden hat, was es bedeutet dieses wichtige Verfassungsamt zu bekleiden, oder ob er immer noch in der Rolle als Generalsekretär der CDU verhaftet ist. Gerade als Ministerpräsident muss Kretschmer jedoch unser Rechtssystem verteidigen und vertreten. Es ist nicht verantwortungsvoll und eines Ministerpräsidenten unwürdig, auf jeder Empörungswelle, die in irgendeiner Form mit den Themen Flüchtlinge und Asyl zu tun hat, mit zu surfen.

Uns als Sozialdemokraten geht es um die Versöhnung der Gesellschaft, nicht darum sie weiter zu spalten. Uns geht es um die Verteidigung des Rechtsstaates, nicht dessen Aushöhlung. Uns geht es um Humanität und Realismus in der Flüchtlingspolitik und eine klare Haltung für unsere freiheitlich demokratische Grundordnung.“

Kolbe: Wichtige Fortschritte für Ostrenten

Daniela Kolbe, Generalsekretärin der SPD Sachsen und Bundestagsabgeordnete, kommentiert das heute in Berlin vorgestellte Rentenpaket des Bundessozialministers Hubertus Heil:

„Mit der SPD in der Regierung geht es beim Thema Rente mit großen Schritten voran. Das heute vorgestellte Rentenpaket markiert einen großen Fortschritt in der Rentenpolitik hin zu einer besseren und sicheren Rente und zu mehr Generationengerechtigkeit. Mit der SPD in der Regierung wird das Absinken des Rentenniveaus gestoppt. Außerdem können kommende Generationen auf eine stabile Rente vertrauen. Mit dem Rentenpaket sichern wir das Kernversprechen unseres Sozialstaates neu ab. Denn wer ein Leben lang gearbeitet hat, wird im Alter ordentlich abgesichert. Das ist sozialdemokratische Politik für ein solidarisches Land.

Von dieser Politik werden auch die Ostrentnerinnen und Ostrentner profitieren. So werden wir in einem weiteren Rentenpaket die Grundrente für Menschen einführen, die jahrzehntelang gearbeitet, Kinder erzogen und Angehörige gepflegt haben. Eine Forderung für die die Ost-SPD lange gekämpft hat. Gerade in Ostdeutschland, wo viele durch zu niedrige Löhne und zeitweise unverschuldete Arbeitslosigkeit nicht ausreichend Rentenpunkte sammeln konnten, ist das ein echter Fortschritt. Gemeinsam mit der Rentenangleichung Ost-West bedeutet die Einführung der Grundrente eine nachhaltige und gerechte Stärkung der gesetzlichen Rentenversicherung, die hier im Osten nochmal schwerer wiegt, da viele auf die gesetzliche Rente angewiesen sind.

Als sächsische SPD begrüßen wir, dass die Schicksale der Menschen, die durch die Angleichungen der Rentensysteme von Bundesrepublik und DDR Benachteiligungen erlitten haben, nun endlich auf der politischen Agenda in Berlin angekommen sind. Das angekündigte Prüfverfahren für Härtefälle kann aber nur der Anfang sein. Wir dürfen nicht den Eindruck entstehen lassen, dass die Lebensleistung der betroffenen Gruppen, beispielsweise Reichsbahner, Krankenschwestern oder in der DDR-Geschiedene, nicht anerkannt wird. Für sie fordern wir schon lange einen Gerechtigkeitsfonds. Ich erwarte im Prüfverfahren, dass wir zu einer Lösung kommen, die die Lebensleistung der Menschen im Osten wirklich anerkennt und zu einem Ausgleich führt.“

Kolbe: Situation für Ostrentner noch schlimmer

Daniela Kolbe, Generalsekretärin der SPD Sachsen, zu den heute veröffentlichten Zahlen der Armutsgefährdungsquote, wonach nur jeder zweite Rentner in Deutschland mehr als 800 Euro im Monat Rente zur Verfügung hat:

„Wir wissen, dass akuter Handlungsbedarf bei der Rente besteht. Die Zahlen des Arbeitsministeriums haben das erneut bestätigt. 8,6 Millionen Rentner müssen mit weniger als 800 Euro im Monat auskommen. Das muss uns ein Warnsignal sein. Deswegen haben wir auch bei den Koalitionsgesprächen auf die Einführung einer Grundrente und der Stabilisierung des Rentenniveaus gedrängt. Wegen des Widerstands der CDU haben wir nicht alles erreicht, aber mit der Einführung einer Grundrente und der Stabilisierung des Rentenniveaus werden wir wichtige Schritte in dieser Koalition vorangehen.“

Die aktuellen Zahlen gingen aus einer Anfrage der Linksfraktion im Deutschen Bundestag an das Bundesarbeitsministerium hervor. Das Arbeitsministerium habe dabei Recht, zu betonen, dass viele Rentner noch andere Einkünfte haben.  „Doch in Ostdeutschland ist das meist nicht der Fall,“ so Daniela Kolbe. „In Westdeutschland werden die niedrigen Renten eines Ehepartners häufig durch höhere Renten des anderen ausgeglichen, zudem existieren häufiger Betriebs- und private Renten, sowie Pensionsansprüche. In Ostdeutschland gibt es diesen Effekt kaum. Hier kommt auch in Paarhaushalten zu einer Rente auf Grundsicherungsniveau oft nur eine weitere in gleich niedriger Höhe hinzu. Da es im Osten weniger Betriebsrenten, weniger Erbschaften und weniger Immobilienvermögen gibt, können die niedrigen Renten auch sonst nicht aufgefangen werden. Die Folge ist ein höheres Armutsrisiko im Alter.“

Daniela Kolbe abschließend: „Klar ist, dass wir bei den Renten etwas tun müssen. Im Koalitionsvertrag sind gute Punkte angelegt, die es jetzt gilt zügig umzusetzen. Gerade im Osten haben wir aber vor allem auch bei den Löhnen noch einiges an Arbeit vor uns. Die Niedriglohnstrategie, wie sie in Sachsen viel zu lange gefahren wurde, hat die Situation nach der Wende noch verschärft. Gerade im Osten brauchen wir mehr Tarifbindung. Und wir müssen Tarifverträge in Branchen mit geringen Einkommen für allgemeinverbindlich erklären, um dadurch Schlupflöcher zu schließen.“

Hintergrund:
„Jede zweite Rente unter 800 Euro“ in Dresdner Neueste Nachrichten: http://www.dnn.de/Mehr/Finanzen/Finanznews/Jede-zweite-Rente-unter-800-Euro

Müller: Die Aufarbeitung muss noch viel weiter gehen!

Zu dem Vorschlag der sächsischen Staatsministerin für Gleichstellung und Integration Petra Köpping (SPD) und des sächsischen Staatsministers für Wirtschaft und Arbeit und Vorsitzenden der sächsischen SPD Martin Dulig, eine „Wahrheitskommission“ zur Aufarbeitung der Arbeit der Treuhand einzurichten, erklärt der Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende der Chemnitzer SPD-Stadtratsfraktion Detlef Müller:

Petra Köpping ist es zu verdanken, dass die Debatte über die Probleme und Traumata der Nachwendezeit neu entfacht worden ist. Der mittlerweile berühmte Satz aus einer Gesprächsrunde „Integriert doch erst mal uns!“ zeigt, dass bei vielen Ostdeutschen die Wunden bis heute nicht verheilt sind, die Wende und Nachwendezeit gerissen haben. Ihr Vorschlag von „Wahrheitskommissionen“, die die Arbeit der Treuhand aufarbeiten sollen, ist deshalb im Grundsatz richtig und wichtig. Ich unterstütze deshalb auch den weitergehenden Vorschlag von Martin Dulig, eine solche Kommission auf Bundesebene einzurichten.

In einem historischen Zusammenhang müssen Begriffe aber immer mit Bedacht gewählt werden. Deswegen schlage ich statt „Wahrheitskommission“ den Begriff „Aufarbeitungskommission“ vor: Der Begriff „Wahrheitskommission“ steht historisch für die Einrichtungen zur Untersuchung politisch motivierter Verbrechen in vielen Ländern der Welt, zum Beispiel in Chile von 1990 bis 1991 oder in Südafrika von 1996 bis 1998. Eine Kommission zur Aufarbeitung der Arbeit der Treuhand soll aber ja gerade nicht die Verbrechen der SED-Diktatur untersuchen, sondern die Ungerechtigkeiten und Verwerfungen, die infolge des Endes dieser Diktatur eingetreten sind, und zwar auch durch die Maßnahmen einer noch in der DDR gegründeten, demokratisch legitimierten gesamtdeutschen Behörde.

Wir sollten aber die Gelegenheit nutzen, im Rahmen einer solchen Kommission nicht nur die Arbeit der Treuhand, sondern die gesamte Nachwendezeit umfassend aufzuarbeiten. 28 Jahre nach dem Sturz des SED-Regimes durch die Friedliche Revolution ist ein guter Zeitpunkt dazu: Die Menschen und Zeitzeugen, die den Übergang der Systeme und seine Auswirkungen miterlebt haben, können sich noch aktiv und lebendig an den Diskussionen beteiligen. Gleichzeitig darf es 28 Jahre nach der Wende nicht mehr nur um „uns Ostdeutsche“ und „die da drüben“ gehen. Es stellen sich noch viele weitere Fragen außer der Arbeit der Treuhand: Wie stand es um die ostdeutsche Wirtschaft und Gesellschaft beim Ende der DDR? Welche Auswirkungen haben die Probleme bei der Rentenüberleitung bis heute? Inwieweit hat der SED-Staat das Entstehen neonazistischer Strukturen in Ostdeutschland begünstigt, und wie ging man nach der Wende in Ostdeutschland damit um? Welche Lücken hat die massenhafte Abwanderung in den Westen in der ostdeutschen Gesellschaft gerissen? Wie steht es um die Akzeptanz des demokratischen Systems in Ostdeutschland 28 Jahre nach der Wende?

Die Aufgabe dieser „Aufarbeitungskommission“ muss es deshalb sein aufzuklären, zu heilen und zu befrieden, damit wir dem Ziel der Wiedervereinigung, wirklicher innerer Einheit, wieder ein Stück näher kommen.

Dulig: Gesellschaftliche Aufarbeitung des NSU-Komplexes muss weitergehen

Martin Dulig, Vorsitzender der SPD Sachsen, zum heute zu Ende gegangenen NSU-Prozess am Oberlandesgericht in München:

„Der Rechtsstaat hat sein Urteil in der schlimmsten rechtextremen Terrorserie in der Geschichte der Bundesrepublik gesprochen. Die Urteile sind gerecht. Sie zeigen, dass in Deutschland der Rechtsstaat funktioniert. Denn Deutschland und seine Sicherheitsbehörden haben sich im Zusammenhang mit dem Nationalsozialistischen Untergrund in der Vergangenheit nicht immer mit Ruhm bekleckert. Manche Umstände der Taten sind noch heute nicht beantwortet. Das alles darf nicht unter den Tisch fallen. Es bleibt daher richtig, dass wir in Untersuchungsausschüssen die Fehler und Probleme staatlicher Behörden auch in Sachsen unter die Lupe genommen haben.

Die Morde des NSU sind aber nur die besonders brutale und widerwärtige Spitze des Eisbergs rechtsextremer Gewalttaten. Die Taten der „Gruppe Freital“ geben uns den beklemmenden Befund, dass rechtsterroristische Strukturen auch heute noch möglich sind.

Das Ende der juristischen Aufarbeitung darf daher in keinem Fall das Ende der Aufarbeitung sein. Es darf keinen Schlussstrich geben. Gerade im breiten Unterstützerumfeld des NSU gibt es noch zahlreiche Ermittlungs- und Verfahrenslücken, die umfassend aufgeklärt werden müssen. So ist bis heute unklar, wie die Mordopfer ausgewählt wurden.

Die gesellschaftliche Aufarbeitung des NSU-Komplexes muss weitergehen. Gegen Hass und Intoleranz braucht es Vielfalt und eine offene Gesellschaft. Was die Täter angerichtet haben, ist durch nichts wiedergutzumachen. Der Kampf für die Demokratien und gegen die Gefahr von Rechts ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Wir brauchen verlässliche Rahmenbedingungen und eine nachhaltig gesicherte Finanzierung für Projekte und Initiativen zur Extremismusprävention.“

Rüthrich: NSU: Urteilsspruch ist kein Schlussstrich

Susann Rüthrich, Sprecherin für Strategien gegen Rechtsextremismus der SPD-Bundestagsfraktion und stellvertretende Vorsitzende des II. NSU-Untersuchungsausschusses:

„Nachdem im Münchener Oberlandesgericht fünf Jahre verhandelt wurde, sind heute die Urteile gegen die fünf Angeklagten gesprochen wurden. Ich begrüße das klare Urteil einer lebenslangen Haft mit Feststellung der besonderen Schwere gegen Beate Zschäpe.

Der NSU-Prozess diente der juristischen Aufarbeitung. Neben der Bundesanwaltschaft kam den Nebenklageanwält*innen eine wichtige Rolle zu. Sie haben die Opfer und Angehörigen dabei unterstützt ihre Anliegen sichtbar zu machen. Auch wenn akribisch im NSU-Prozess vorgegangen wurde, stieß der Gerichtsprozess an deutliche Grenzen, denn er hatte nie zum Ziel den gesamten NSU-Komplex aufzuklären. Dies fand und findet unter anderen in Untersuchungsausschüssen in Bund und Ländern statt. Dort wurde das Versagen der Ermittlungs- und Sicherheitsbehörden aufgearbeitet. Auch dies stieß an Grenzen, da längst nicht alle Akten und Erkenntnisse vorliegen.

Für mich persönlich steht nach meiner Arbeit im Bundestagsuntersuchungsausschuss fest, dass es sich nicht um ein NSU-Trio, sondern ein NSU-Netzwerk handelt, welches weit über die fünf Angeklagten hinaus reicht. Daher erwarte ich, dass in den laufenden Ermittlungsverfahren mit Hochdruck daran gearbeitet wird weitere Unterstützer*innen zu belangen. Gerade bei dem unter dem beantragten Strafmaß verurteilten André Eminger und Ralf Wohlleben zeigt, wie tief verankert die nationalsozialistische Ideologie ist. Damit sind sie nicht allein. So ergibt sich weiterhin eine Bedrohungslage für all jene, die entsprechend dieser Ideologie als weniger wert gelten und angegriffen werden.

Der Urteilsspruch kann daher kein Schlussstrich der Aufklärung sein.

Wir müssen in den Parlamenten weiter vehement einfordern, dass die wichtigen Empfehlungen der Untersuchungsausschüsse umgesetzt werden. Elementar ist die Etablierung eines tiefen Bewusstseins und einer fundierten Kenntnis darüber, wie rechte Netzwerke agieren und wie rechte Gewalt erkannt und aufgehalten werden kann. Außerdem müssen wir zivilgesellschaftliches Engagement gegen menschenverachtende Ideologien dauerhaft durch ein Demokratiefördergesetz stärken.

Ermittlungsbehörden, Zivilgesellschaft, Medien und Politik müssen weiter zur Aufklärung des NSU-Komplexes und Netzwerks beizutragen. Es geht darum für einen Rechtsstaat und eine Gesellschaft zu kämpfen, indem nie wieder Menschen aus rassistischen Motiven unentdeckt ermordet werden und am Ende noch selbst verdächtigt werden. Das sind wir den Opfern und Hinterbliebenen schuldig, aus Solidarität und als Antwort auf einen Angriff gegen unsere Demokratie.“

SPD-Ostbeauftragter Dulig fordert Wahrheitskommission zur Aufarbeitung der Treuhand

Martin Dulig, SPD-Ostbeauftragter, fordert zur Aufarbeitung der Arbeit der Treuhand die Einsetzung einer Wahrheitskommission, um damit die gesamtdeutsche Debatte über die Nachwendezeit voranzubringen:

„Ich bin sicher, wenn wir im Osten in die Zukunft wollen, müssen wir erst einmal hinter uns die Geschichte aufräumen. Eine Wahrheitskommission zur Aufarbeitung der Arbeit der Treuhand muss dazu ein zentrales Element sein.

Wahrscheinlich muss man eine solche ‚Wahrheitskommission‘ zentral auf Bundesebene ansiedeln, die sich vor allem um die Aufarbeitung der Treuhand kümmert. Die Aufarbeitung der Nachwendezeit im Guten wie im Schlechten ist nicht nur eine Sache der Ostdeutschen: Es waren auch westdeutsche Politiker, westdeutsche Unternehmen und auch viele westdeutsche Aufbauhelfer beteiligt – gerade bei der Treuhand.

Es war ein Fehler, sich über 30 Jahre zu weigern sich der Enttäuschung vieler Menschen anzunehmen. Wollen wir eine echte Deutsche Einheit, dann müssen wir uns in ganz Deutschland gemeinsam der Aufarbeitung der Treuhand stellen und eine Debatte darüberführen, was damals schiefgelaufen ist.

Natürlich ist der Begriff ‚Wahrheit‘ provokant. Aber es gibt eben Vorwürfe im Osten, über die wir endlich reden müssen: wie Vorwürfe der Marktbereinigung und Vermögensverschiebung zugunsten des Westens. Genauso gibt es Meinungen zum Ablauf über die Nachwendezeit in Westdeutschland, die selten diskutiert wurden, sondern als Vorurteile vor sich hin wabern.

Wahrheits- und Versöhnungskommissionen basieren auf der Idee, dass die Aufdeckung der ‚Wahrheit‘ dazu beitragen kann, eine Gesellschaft zu ‚versöhnen‘. Die letzten Jahre haben mich überzeugt, dass wir eine solche Versöhnung für unsere gespaltene Gesellschaft brauchen. Genau das wäre auch das Ziel einer solchen Kommission.“

Martin Dulig unterstützt damit den Auftrag der sächsischen Integrationsministerin Petra Köpping, die die Einrichtung einer solchen Wahrheitskommission vorgeschlagen hatte und dafür Lob aber auch Kritik bekommen hatte.