Constanze Krehl, Mitglied des Europäischen Parlaments, über Pläne für ein neues Investitionspaket:
Neben der Sächsischen Staatsregierung ist bekanntlich auch die EU-Kommission neu im Amt. In dieser Woche stellte Präsident Jean-Claude Juncker die Pläne für ein neues Investitionspaket vor. In Europa klafft eine enorme Investitionslücke; seit Jahren fordern Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten deswegen andere Mittel als einseitige Kürzungen gegen die Krise. Juncker steht als ehemaliger Finanz- und Premierminister Luxemburgs allerdings auch im Zentrum der Enthüllungen um die “Luxemburg-Leaks”. Die bestätigen jahrelange Vorwürfe der Sozialdemokratie, dass einige Staaten Europas Konzerne auf Kosten von Steuerzahlerinnen und -zahlern ins Land locken. Gegen die grassierende Steuerflucht fordern wir im Europäischen Parlament seit langem eine Reaktion der EU-Kommission: Unseren sieben Punkte umfassenden Forderungskatalog findet Ihr unten.
Doch vorher noch etwas wirklich Erfreuliches: Das vor fünf Jahren von mir und einer österreichischen Kollegin initiierte und von der EU geförderte Kooperationsprojekt der Gemeinde Klipphausen-Triebischtal mit dem Burgenland in Österreich wird fortgesetzt. In Sachsen werden kulturelle Erlebnisse für Familien sowie die Bewahrung des Mühlen-Erbes und denkmalgeschützter Bauten finanziert. So konnte in Miltitz die Barockkirche von 1741 in den vergangenen zwei Jahren restauriert werden. Der Mühlenkater Alfred als neues Maskottchen im Triebischtal sorgt mit der Mühlengemeinschaft für Erlebnisse der Familien zum Mühlentag. Für die kommenden Jahre plant die Gemeinde u.a. einen Wanderweg und einen Ausbau des im 16. Jahrhundert angelegten Esskastanienhains.
Steuervermeidung stoppen: Sieben Forderungen der Europa-SPD
Definition von Steueroasen vornehmen und wirksame Sanktionen verhängen
Im Dezember 2012 hat die EU-Kommission Kriterien zur Ermittlung von Drittländern, die Mindeststandards für verantwortungsvolles Handeln im Steuerbereich nicht einhalten, vorgelegt. Diese sind mit existierenden OECD-Standards zu Transparenz und Informationsaustausch kompatibel und erweitern diese. Bis Ende 2014 sollen die identifizierten Staaten auf einer europäischen schwarzen Liste veröffentlicht werden. Gegen nicht-kooperative Steueroasen sollten systematisch und europäisch koordiniert sämtliche Möglichkeiten ausgeschöpft werden: Doppelbesteuerungsabkommen neu verhandeln, aussetzen oder beenden, Finanztransaktionen mit Sonderabgaben belegen, Investitionen und Staatshilfen einfrieren, Zweigstellen europäischer Banken in diesen Drittstaaten schließen.
Automatischen Informationsaustausch verbindlich umsetzen und auf alle Länder ausweiten
Anfang November wurde auf der Weltsteuerkonferenz in Berlin ein Abkommen unterzeichnet, in dem sich 51 Länder verpflichten, ab Januar 2017 Daten über Auslandskonten von Privatpersonen zu erheben und untereinander auszutauschen (Kontostände, Zinsen, Veräußerungsgewinne). Eine verbindliche Umsetzung muss gewährleistet werden, und das Abkommen muss zeitnah auf alle
Länder weltweit ausgeweitet werden.
Steuerbetrug begünstigenden Banken notfalls die Lizenz entziehen
Gegen europäische Banken und Zweigstellen außereuropäischer Banken in der EU, die Steuerbetrug gezielt ermöglichen oder begünstigen, soll strenger vorgegangen werden. Dies gilt auch für Banken, die Kooperation mit Steuerverwaltung und Aufsichtsbehörden verweigern. Dabei soll neben der Verurteilung zu Strafzahlungen auch der Entzug der Banklizenz geprüft werden. Die Mitgliedstaaten
müssen nationalen Aufsichtsbehörden und der gemeinsamen europäischen Bankenaufsicht bei der Europäischen Zentralbank in absehbarer Zeit entsprechende Kompetenzen erteilen.
Unternehmen zur Offenlegung entrichteter Steuern ‚Land für Land‘ verpflichten
Um Steuervermeidung grenzüberschreitend tätiger Unternehmen einzudämmen, sollen diese offenlegen, wo sie welche Gewinne erzielen und welche Steuern entrichten. Das Europäische Parlament hat das sogenannte ‚Country-by-Country Reporting‘ bereits für Finanzinstitute und Unternehmen, die in der Rohstoffindustrie und der Forstwirtschaft tätig sind, durchgesetzt. Im Interesse von
Steuerzahlern und Investoren sind die Mitgliedstaaten gefordert, die Ausweitung der Regel auf alle Großunternehmen zu unterstützen. Die EU-Kommission soll von Ihrem Initiativrecht Gebrauch machen und einen entsprechenden Umsetzungsvorschlag vorlegen. Die Mitgliedstaaten sollen zudem dafür Sorge tragen, dass die OECD-Initiative gegen Aushöhlung der Besteuerungsgrundlage und Gewinnverlagerung (Base Erosion and Profit Shifting, BEPS) im Rahmen der G-20 vorangetrieben wird. In diesem Zusammenhang – Unternehmen sollen dort ihre Steuern zahlen, wo sie ihre Gewinne erwirtschaften!
Mehrwertsteuerbetrug bekämpfen
Die Einnahmeausfälle durch Mehrwertsteuerbetrug in der EU beliefen sich im Jahr 2012 auf 16% der gesamten Mehrwertsteuereinnahmen. Daher soll die EU-Kommission bis Frühjahr 2015 konkrete Vorschläge vorlegen, wie man den Mehrwertsteuerbetrug bekämpfen kann.
Unternehmensbesteuerung europäisch harmonisieren
Die gemeinsame konsolidierte Bemessungsgrundlage für die Körperschaftsteuer soll bis 2018 harmonisiert werden. Darüber hinaus soll die Wahlfreiheit für Unternehmen eingeschränkt werden, die sonst zwischen nationalen Steuersätzen und einem gesamteuropäischen Steuersatz abwägen könnten. Das Europaparlament hat die gemeinsame konsolidierte Bemessungsgrundlage für die Körperschaftsteuer mit breiter Mehrheit verabschiedet. Daneben brauchen wir einen Mindeststeuersatz bei der Unternehmensbesteuerung. Im gemeinsamen Binnenmarkt dürfen Wirtschaftsstandorte nicht gegeneinander ausgespielt werden.
Personalausstattung der Steuerbehörden erhöhen
Steuerbehörden müssen mit ausreichend Personal und Ressourcen ausgestattet sein, um die Steuern einzusammeln und Vergehen entsprechend verfolgen und bestrafen zu können. Dieser Schritt, der einen entscheidenden Beitrag zu mehr Steuergerechtigkeit leisten wird, wird sich selber finanzieren.