AG Migration: 25 Jahre danach – Rostock-Lichtenhagen ist nicht vorbei
Vor 25 Jahren flimmerten schreckliche Bilder über die Fernsehschirme der Bundesrepublik. Ein Mob aus Nazis und Rassisten hatte die Zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber (ZAst) und ein Wohnheim für ehemalige vietnamesische Vertragsarbeiter in Rostock-Lichtenhagen erst belagert und dann angezündet. Angefeuert wurden sie von 3.000 applaudierenden Zuschauern. Die Behörden reagierten erst spät – zu spät. Es war pures Glück dass dieses Staatsversagen keine Menschenleben gekostet hat.
Damals kamen kurzzeitig mehr Geflüchtete nach Deutschland, wie auch im Sommer 2015. Damals wie auch 2015 war der Staat darauf nicht vorbereitet. Damals wie auch in den Jahren 2015/2016 flammten der Fremdenhass, der Rassismus auf und brachte Gewalt – Gewalt gegen Geflüchtete, Migrant*innen, Helfer*innen und Aktivist*innen. Damals reagierte Politik mit Verschärfungen im Asylrecht, sowie heute auch wieder. Dazu erklärt Irena Rudolph-Kokot, stellvertretende Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Migration und Vielfalt in der SPD: „Solche politischen Reaktionen geben den Hassenden Auftrieb. Sie werden in ihrem Tun bestätigt und fühlen sich auch weiterhin als die Vollstrecker eines vermeintlichen Volkswillens mit nachhaltig gefährlichen Folgen für unsere Gesellschaft.“
Aber es ist auch einiges anders als 1992 in Rostock-Lichtenhagen. Im Sommer 2015 zeigte sich die Bundesrepublik von ihrer besten Seite: tausende Menschen halfen den geflohenen Menschen spontan, Initiativen zur dauerhaften Unterstützung bei der Integration entstanden. Aber auch der rechte Rand wütet seitdem umso stärker und hat mit der AfD eine Institutionalisierung mit bürgerlichem Anstrich erfahren. Brennende Geflüchtetenunterkünfte, Übergriffe auf Menschen mit Migrationsgeschichte, linke Aktivist*innen, Helfer*innen und Politiker*innen füllen die Berichterstattungen der vergangenen zwei Jahre. Der Zusammenhalt in unserer Gesellschaft ist seitdem auf die Probe gestellt und die Demokratie ist akut bedroht. Sicherheitsfanatiker beeinflussen in der Folge die politische Entwicklung zu Ungunsten der Freiheit. All das sind wesentliche Elemente einer gefährlichen Entwicklung. „Neurechte Bewegungen üben den Frontalangriff auf unsere Demokratie. Sie zu verteidigen heißt aber nicht Freiheitsrechte einzuschränken und staatliche Repressionsmöglichkeiten auszuweiten, sondern die Vielfalt unserer Gesellschaft sowie Mitbestimmung auf allen Ebenen zu fördern und damit ganz nach Brandt: mehr Demokratie wagen,“ so Rudolph-Kokot abschließend